Costa Rica – Familienurlaub im Naturparadies

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Urwälder, Vulkane, Sandstrände und wilde Tiere – Costa Rica ist ein Paradies für Naturliebhaber und auch mit kleinen Kindern problemlos zu bereisen. Unsere Autorin Astrid Därr erzählt von der Reise mit ihrem dreijährigen Sohn Nelion.

Auf Entdeckungstour im Dschungel

“Frosch, Frosch, ich will einen Frosch sehen!“, ruft Nelion aufgeregt, während wir auf glitschigen Pfaden durch den Dschungel stapfen. Riesige Bäume mit Ästen voller Farne, Epiphyten und Orchideen bilden ein grünes Dach über unseren Köpfen, durch das nur wenig Sonnenlicht bis zum Boden durchdringt. Die Brettwurzeln mancher Urwaldriesen sind so hoch, dass sich der Dreijährige dahinter verstecken kann. Ein leuchtend blauer Morphofalter huscht vorbei. Gelegentlich entdecken wir einen Vogel im Dickicht. Sonst sehen wir nur Grün in allen Schattierungen und lauschen dem Gesang Abertausender Zikaden. Von Fröschen leider keine Spur. Auf einem Baumstamm balancieren wir über einen Bach zu einer kleinen Kaskade, die in ein Felsbecken plätschert.

Spontan springen wir ins kühle Nass, was für eine herrliche Erfrischung in der feuchten Hitze. Ohne uns abzutrocknen schlüpfen wir wieder in unsere Kleidung, die ohnehin permanent schweißnass am Körper klebt.

Spannende Nachtwanderung

Wenig später entspannen wir in der Hängematte auf dem Balkon unseres rustikalen Bungalows in der La Tigra Rainforest Lodge. Nur dünne Wände aus Zeltplanen und ein Moskitonetz-Vorhang trennen das Zimmer vom Urwald. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit ändert sich die Geräuschkulisse um uns herum. Lautes Quaken in allen Frequenzen tönt durch den Wald.

Und auf einmal sitzen sie überall auf den Blättern im Gebüsch: possierliche Glasfrösche und farbenfrohe Rotaugenlaubfrösche. Bei einer Nachtwanderung zeigt uns Guide José Miguel nicht nur jede Menge Frösche, sondern auch die kleinen Wunder des Regenwalds, zum Beispiel einen Stock mit fluoreszierenden Pilzen, den Nelion wie ein Laserschwert durch die Luft schwingt.

Naturschutz in Costa Rica – Kampf gegen die Abholzung

In Costa Rica steht insgesamt rund ein Viertel der gesamten Landesfläche unter Schutz, so viel wie in kaum einem anderen Staat auf der Erde. Doch auch hier verschwindet wegen der Abholzung immer mehr Naturraum. Der deutsche Rainer Stoll kaufte deshalb eine große Wiese und eröffnete im Jahr 2014 die La Tigra Rainforest Lodge. Heute ist es kaum vorstellbar, dass sich die Lodge mit nachhaltiger Energieversorgung und Abwasserentsorgung auf einer ehemaligen Rodungsfläche befindet – inzwischen wurden 46 Hektar Regenwald wieder aufgeforstet.

Das Reserva Bosque la Tigra ist ein ökotouristisches Vorzeigeprojekt. Und sogar Kinder dürfen einen kleinen Beitrag leisten: Vor unserer Abfahrt pflanzt Nelion selbst den Setzling einer „Fruta Dorada“, einer heimischen Baumart, und bekommt dafür eine Urkunde.          

Kakao- und Kaffeeanbau – der Vulkan macht es möglich

Wir sind individuell mit dem Mietwagen in Costa Rica unterwegs. Nach unserer Ankunft in der Hauptstadt San José verbrachten wir zur Akklimatisierung zwei Nächte in Alajuela im Valle Central.

Nach einem Ausflug zum aktiven Vulkan Poás mit seinen gletscherblauen Kraterseen und dichten Nebelwäldern in 2.500 Metern Höhe kurvten wir am dritten Tag nach Nordwesten zur La Tigra Lodge. Nächste Station unserer zweiwöchigen Rundreise ist La Fortuna im nördlichen Tiefland. Vom Balkon des Hotels blicken wir direkt auf den stetig rauchenden Schlot des Arenal, eines der aktivsten Vulkane der Welt. Die vulkanische Erde eignet sich besonders gut für den Kakao- und Kaffeeanbau, einen der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes. Zum Touristenprogramm gehört daher eine Plantagentour, bei der Besucher alles über die Kaffee- und Kakaoproduktion erfahren.

Ungläubig hält Nelion eine gelbe Kakaofrucht in den Händen. „Da kommt Kakao raus?“ Ja, und damit dürfen wir sogar selbst Schokolade herstellen. Nelion dreht begeistert an der Handmühle, um die getrockneten Kakaobohnen zu einer zähen Masse zu zerkleinern. Noch etwas Zucker, Milchpulver, Vanille und Zimt dazu, eine halbe Stunde in den Kühlschrank legen und fertig ist der Schokoriegel zum Mitnehmen.

Vielfältige Flora & Fauna in La Fortuna

Baden an Wasserfällen oder in Thermalquellen, Faultiertour in einem Reservat, Wandern im Nationalpark Vulkan Arenal oder Besuch des größten Sees des Landes – für den Nachmittag haben wir in La Fortuna die Qual der Wahl.

Wir entscheiden uns für die Mistico Hanging Bridges: Ein Rundwanderweg schlängelt sich durch üppigen Urwald mit insgesamt 16 Hängebrücken. „Die wackelt!“, ruft Nelion, bevor er es wagt, in fast 60 Metern Höhe durch den Dschungel zu spazieren. Eine Gruppe Tayras springt so flink von Ast zu Ast, dass wir die großen, schwarzen Marder erst für Affen halten. Müde fallen wir an diesem Tag schon früh ins Bett. In Costa Rica bestimmt die Sonne den Tagesrhythmus: Vom Sonnenaufgang um kurz vor 6 Uhr sind es genau zwölf Stunden bis zum Sonnenuntergang. In den meisten Hotels gibt es ein frühes Frühstück und ein zeitiges Abendessen. Ideal für uns, denn so macht uns die Zeitumstellung von sieben Stunden nicht allzu sehr zu schaffen.

Wilde Tiere entdecken entlang des Río San Carlos

Eine löchrige Schotterpiste führt nach Boca Tapada, einem kleinen Ort mit wellblechgedeckten Hütten am Río San Carlos im äußersten Norden des Landes.

Bildergalerie

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Costa Rica (c) Astrid Daerr-9684
Costa Rica (c) Astrid Daerr-0145
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In den Bäumen am Flussufer hocken Grüne Leguane (Iguanas) reglos zwischen den Zweigen, als würden sie darauf warten, gepflückt zu werden. Bei der kurzen Bootsfahrt über den kakaobraunen Strom entdecken wir ein drei Meter langes Krokodil auf einer Sandbank. Grüne Aras fliegen laut kreischend über unsere Köpfe hinweg. Die Maquenque Ecolodge liegt am Westufer des Río San Carlos, umgeben von den Regenwäldern und Feuchtgebieten des Maquenque Schutzgebiets, das wenig nördlich nahtlos an das Reservat Indio Maíz in Nicaragua anschließt. Ornithologen haben in der Region mehr als 590 Vogelarten gezählt. Einige davon beobachten wir gleich nach unserer Ankunft am See vor dem Restaurant.

Neben der Vogelfutterstelle sucht eine Nasenbär-Familie nach einem Snack. „Die fressen einfach alles und haben kürzlich sogar den Kühlschrank der Mitarbeiter geknackt“, erzählt Naturführer José Luis González später bei einer Wanderung durch das 80 Hektar große Privatreservat der Lodge. José kennt jeden Vogel und jede Pflanze im Reservat. Er ist in Boca Tapada aufgewachsen und hat sich all sein naturkundliches Wissen selbst angelesen. Beim Urwald-Spaziergang zeigt er uns Langnasen-Fledermäuse, die übereinander gereiht an einem Baumstamm hängen. Er erklärt, für was die langen Stelzwurzeln der „Wanderpalmen“ (Socratea exorrhiza) nützlich sind und spürt zur großen Freude von Nelion sogar eine Vogelspinne auf.

Schlauchboot-Safari

Am nächsten Morgen unternehmen wir eine Schlauchboot-Safari auf einem schattigen Nebenfluss des Río San Carlos.

Begleitet vom Plätschern des Flusses und dem Gesang der Zikaden gleiten wir leise übers Wasser. In den Wipfeln eines Waldmandelbaums springen Klammeraffen von Ast zu Ast. In Maquenque fühlen wir uns wie in einer afrikanischen Safarilodge: inmitten der Natur unter wilden Tieren, aber mit erstaunlich viel Komfort in den Bungalows und Baumhäusern. Abends singt uns ein Froschorchester in den Schlaf. Morgens essen wir Papayas und Mangos aus dem Garten zum Frühstück. Eigentlich wollen wir gar nicht mehr weg, aber nach den Dschungelabenteuern lockt das Meer.

Durch den Regenwald ans karibische Meer

Mit einer Zwischenstation in Sarapiquí, wo wir uns bei einer Farmtour die Finessen des Vanille- und Ananas-Anbaus erläutern lassen, fahren wir an endlosen Bananenplantagen vorbei in Richtung Karibik.
Wendige Motorboote flitzen mit den Touristen von der Anlegestelle in La Pavona durch ein Labyrinth an Wasserkanälen nach Tortuguero, das an den gleichnamigen Nationalpark grenzt. Anfangs beobachten wir noch Kühe auf den dunklen Sandbänken am Flussufer, dann dringen wir immer weiter in den Regenwald vor.

Kaimane, Krokodile, Affen, Leguane, Tukane und Eisvögel – die eineinhalbstündige Bootstour ist ein tierisches Erlebnis. Die Mitarbeiter der Mawamba Lodge in Tortuguero begrüßen uns mit einem herzlichen „Pura Vida“. Die Redewendung steht für das lässige Lebensgefühl im Land und dient den „Ticos“ – so die lateinamerikanische Bezeichnung der Costa Ricaner – gleichzeitig als Gruß, Dank und Ausdruck von Zustimmung. Auf der Ostseite schließt der Garten der Lodge direkt an den langen Karibikstrand an.

Zeit für etwas Entspannung im Pool und am Meer, bevor wir spätabends auf die Pirsch gehen.

Meeresschildkröten beobachten in der Nacht

In völliger Dunkelheit tapsen wir still durch den schwarzen Sand am Strand. Der Nationalpark-Ranger marschiert voran, die kleine Touristengruppe schleicht hinterher. Plötzlich bleibt der Ranger stehen und leuchtet mit dem Rotlicht seiner Taschenlampe auf ein riesiges Wesen, das rudernd am Boden liegt. Eine Grüne Meeresschildkröte gräbt eine tiefe Grube, in die sie wenig später über 100 weiche Eier ablegt. Mit ihren kräftigen Paddeln schaufelt sie das Nest anschließend wieder zu. Der Tortuguero Nationalpark gilt als eines der wichtigsten Brutgebiete für Meeresschildkröten weltweit. Zwischen Juli und Oktober legen an dem 32 Kilometer langen Strandabschnitt im Schutzgebiet jede Nacht bis zu tausend Schildkröten ihre Eier ab. Während der Nestbau- und Schlüpfsaison sind die Strände deshalb nachts für Touristen gesperrt. Die Nationalparkbehörde organisiert geführte Touren, um die Tiere zu beobachten. „Bevor das Gebiet 1970 zum Nationalpark erklärt wurde, haben die Locals von der Holzwirtschaft und von der Jagd auf die Schildkröten und deren Eier gelebt“, erzählt unser Naturführer Piero Chavarría. „Und teilweise haben zig Touristen eine Schildkröte über den Strand verfolgt.“ Heute leben die Einheimischen vom Tourismus und die Tiere stehen unter Schutz. „Wir haben keine wichtigen historischen Monumente in Costa Rica, die Natur ist unser Schatz!“, erklärt Piero. „Wer nachts an den Strand geht, begeht ein Verbrechen an der Natur und wird dafür bestraft!“

Abschied nehmen

Letzte Station unserer Reise ist Puerto Viejo de Talamanca an der südlichen Karibikküste nahe der Grenze zu Panama.

Kokospalmen, Reggae, Rastas und Surfer sorgen für authentisches Karibikfeeling. Im Vergleich zur Pazifikküste herrscht hier wenig Touristenrummel. Von der gemütlichen Namuwoki Lodge sind es nur wenige Minuten zu Fuß zu der versteckten Playa Chiquita, wo morgens Brüllaffen in den Bäumen direkt am Strand herumturnen. „Mama, ich will dableiben!“, sagt Nelion, als wir am letzten Abend im kristallklaren Wasser planschen. Ja, es gäbe noch so viel zu sehen in diesem kleinen Land zwischen Karibik und Pazifik. Pura Vida – wir kommen wieder!

Bildquelle: Aufmacher: Getty, Fotos im Artikel: Astrid Därr

Dieser Artikel erschien erstmals in Ausgabe 98

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