Der beste Spielplatz ist in der Natur. Hier können die Kinder ganz ohne Spielzeug nur mit Naturmaterialien ihre Kreativität und ihren Bewegungsdrang ausleben. Wir haben Tipps von der Expertin Susanne Mierau von “Geborgen Wachsen”.
Text: Ragnhild Deschner
Kastanientiere basteln oder einen bunten Blätterstrauß sammeln: Für Kinder ist es ausgesprochen wertvoll, in der Natur zu spielen und mit der Entdeckung unterschiedlichster Materialien ihrer Fantasie freien Lauf lassen zu können. Steine können bemalt und so zum Dominospiel werden, Stöcke verwandeln sich in Pfeil und Bogen oder Wanderbegleiter. Der Entdeckergeist von Kindern ist unstillbar, sie sind neugierig auf ihre Umgebung und begegnen der Natur ganz ohne Furcht. Egal wie verwachsen die Waldpfade sind oder wie hoch der Baum ist, den es zu beklettern gilt.
Wer das Spielen mit Naturspielzeug bei seinen Kindern fördern möchte, sollte einfach erst mal das Haus, die Wohnung oder den Spielplatz verlassen und sich an Orte begeben, wo noch weitgehend unberührte Natur zu finden ist. Das können Felder und Wildwiesen sein, der Stadtwald oder ein größerer Park. Alles, was auf das Verlassen der vertrauten Umgebung folgt, ist bei Kindern ganz intuitiv.
Wer jetzt noch immer ratlos ist, was das eigene Kind in der Natur wohl spielen könnte so ganz ohne Spielzeug, für den hat Susanne Mierau vom Blog „Geborgen Wachsen“ ein paar Tipps. Sie geht schon seit Jahren mit ihren drei Kindern in die Natur, für ausgelassene Spielnachmittage.
Ab welchem Alter können Kinder mit Naturmaterialien spielen?
Susanne Mierau: Wenn die Kinder sich allein in der Natur bewegen und eigenständig spielen sollen, kann man das gut ab vier Jahren ausprobieren. Aber auch mit den Kleinen kann man in der Natur sein und sich auf einen Waldspielplatz setzen oder aufs Feld gehen. Sie können Blumen und Gras pflücken oder Steine sammeln. Unsere Ausflüge entwickeln eine schöne Eigendynamik, da wir immer ein Picknick dabeihaben und viele Stunden draußen verbringen.
Warum ist es für Kinder so wichtig, mit dem zu spielen, was sie in der Natur finden?
Die Natur gibt alles her, was Kinder zum Spielen brauchen. Sie können sich frei bewegen und die Vielfältigkeit der Spielmöglichkeiten selbst entdecken. In der Natur ist nicht alles so vorgefertigt, wie es in Kinderzimmern oft der Fall ist. Außerdem ist es immer gut rauszugehen, wenn einem zu Hause die Decke auf den Kopf fällt. Kinder haben draußen einfach mehr Platz als daheim. Das funktioniert immer, um Situationen zu entspannen.
Wie können Eltern kreativ werden, die das aus ihrer eigenen Kindheit vielleicht nicht kennen?
Meistens bringen die Kinder von sich aus Ideen mit und sammeln Steine und Äste und Schneckenhäuser und was man alles am Waldwegesrand findet. Ich hole mir dann Inspiration von Pinterest und gebe zum Beispiel „Steine“ und „Basteln“ ein. Man kann Steine zum Beispiel bemalen, ein Puzzle oder ein Tic-Tac-Toe-Spiel daraus machen … Stöcke können zum Stockmann gestaltet werden, weil das gerade das Lieblingsbuch der Kinder ist. Das Internet quillt über von Ideen.
Nehmt ihr auch Bastelmaterialien mit dazu, um die Naturfunde zu verarbeiten?
Wir haben inzwischen ein ganzes Regal, in dem verschiedene Schachteln mit Kleber, Holzscheiben, Knöpfen, Glasperlen, Blättern stehen. Also lauter kleine Sachen, die kreativ zu den Naturmaterialien genutzt werden können. Die Größeren haben bei uns oft eigene Ideen, was sie damit machen wollen, und bei dem Kleinen überlegen wir gemeinsam, was man aus einem Blatt oder dem Stein basteln könnte.
Was sind deine Lieblingsmaterialien aus der Natur? Und was kann man alles mit ihnen machen?
Ich finde Steine super. Die kann man vielfältig einsetzen. Wir haben mal ganz kleine Steine gesammelt, diese mit Goldfarbe angemalt und als Goldstücke für die Kasse im Kaufladen verwendet. Das fanden die Kinder toll. Wir haben sie auch auf einem Kindergeburtstag in Sand eingegraben, damit die Kinder einen „echten“ Schatz suchen konnten. Auch das kam sehr gut an. Stöcke sind sehr vielfältig. Die Großen schnitzen ganz viel und bauen daraus Bogen oder Zauberstäbe. Im Frühling und Sommer sind Blüten schön. Die pressen wir und machen damit Briefpapier. Kinder haben ein ganz eigenes Auge für Ästhetik, was oft ins Basteln mit einfließt.
Unser Tipps für Spiele mit Naturmaterialien:
- Kastanien eignen sich ganz wunderbar um Männchen daraus zu machen. Aber auch bemalt mit einem weißen Folienstift sehen sie schön aus. Man kann Gesichter darauf malen, ein lustiges Memoryspiel kreieren oder Zahlen auf die Kastanien schreiben und sie zu einer ungewöhnlichen Währung im Kaufladen werden lassen.
- Stöcke sind vielfach verwendbar. Im Wald lassen sich daraus Hütten bauen, an einem kleinen Bach braucht man sie um Staudämme aufzuschichten. Natürlich lassen sich auch Pfeil und Bogen daraus schnitzen (für größere Kinder).
- Aus biegsamen Zweigen der Trauerweide lassen sich wunderschöne Untersetzer flechten oder eben kleine Körbe.
- Tannenzapfen sind nicht nur für die Weichnachtsdekoration schön. Aus ihnen lassen sich Girlanden auffädeln, angemalt oder gesprüht mit Farbe sehen sie sogar richtig schick aus.
- Eicheln können entweder zu kleinen Eichelmännchen verbastelt werden. Angemalt mit Pastelltönen und in eine schöne Schale gelegt geben sie eine schöne Kinderzimmerdeko ab.
Wer noch mehr Inspirationen und Ideen für das Bearbeiten seiner Fundstücke aus Wald und Wiese sucht, dem sei das Buch „Basteln mit Natur“ von Pia Deges ans Herz gelegt (frechverlag 2016, 16,99 Euro).
Am wahrscheinlichsten ist aber, dass die Kinder ganz von selbst auf die tollsten Ideen kommen, was sie alles mit Naturmaterialien anstellen können. Frohes Basteln!
Bilder: Gettyimages, Susanne Mierau privat