Mit Familie verreisen heißt Abenteuer erleben. Wir haben bei der letzten Ausgabe des Berlin Travel Festival mit zwei vielgereisten Frauen über ihre spannenden Erfahrungen gesprochen und uns von ihnen inspirieren lassen.
Buchtipp 1: Bullitour mit Kind und Kegel
Carina Linnemann ist überzeugter Fan des Vanlife und hat ihre Erfahrungen dazu in einem Buch festgehalten: “Bullitour mit Kind und Kegel”. “Für Familien ist diese Art des Reisens ideal, es ist ja auch gerade sehr in Mode”, erklärt sie. Denn wer mit dem Camper auf Tour geht ist unabhängiger, kann dem eigenen Rhythmus folgen und vor allem auch einmal länger unterwegs sein, ohne dass es das Budget völlig sprengt. “Bevor wir Kinder hatten, stiegen wir auch einfach in ein Flugzeug zum Urlaubsort.” Doch seit sie und ihr Partner Nachwuchs haben, fahren sie gern und oft mit dem Camper los.
Wir wollten beim Berlin Travel Festival von Carina Linnemann wissen: Wo findet man überhaupt noch ein Wohnmobil? “Mein Mann und ich kennen uns nicht so gut aus mit Autos, also haben wir uns Hilfe geholt bei einem Bekannten. Dann haben wir uns auf die Suche gemacht und über verschiedene Anzeigen insgesamt schon so ungefähr zehn unterschiedliche Modelle angesehen, bis dann ein Transporter dabei war für den wir uns schließlich entschieden haben.” Damals zahlte das Paar 4000 Euro für den Wagen, allerdings räumt Carina ein, dass das immerhin acht Jahre her ist und die Preise inzwischen gestiegen sein dürften, “vor allem auch, weil Vanlife generell boomt!”
Gemeinsam bauten sie den Transporter zum Camper um und starteten zu ihrer ersten Tour. Seitdem liegen einige Reisen hinter ihr und Carina hat zusammen mit ihrer Familie einiges erlebt bei ihren Fahrten und vieles ausprobiert. So rät sie zu einem Packzelt, um sich auf dem Campingplatz von typischem Reiseballast befreien zu können – praktisch vor allem wenn Sightseeing- oder Besorgungsfahrten mit dem Camper anstehen. “Wir haben uns einfach ein Wurfzelt besorgt und gleich bei Ankunft auf dem Campingplatz vom Laufrad bis zum Campingtisch alles da reingepackt.”
Und was tut man, wenn es regnet mit zwei Kindern im Camper? “Dann sind Alternativprogramme gefragt, denn sonst kann die Stimmung sehr schnell kippen.” Carina rät zu Museums- oder Schwimmbadbesuchen. “Wir haben aber auch schon mal einen Urlaub früher beendet – oder besser gesagt umgeplant –, weil es die ganze Zeit nur geregnet hat”, erzählt sie. Ein sicherer Reisetipp ist in ihren Augen Italien. “Ganz einfach: Je südlicher man geht, desto besser ist meist das Wetter.” Für Ferien im Van in jedem Fall passendere Bedingungen.
Sie rät allerdings auch dazu, Campingurlaube mit Kindern gut zu planen. “Wir mögen nicht so gern diese riesigen Plätze, sondern machen lieber bei naturnahen Campingplätzen Station. Doch diese sind oft schon ein Jahr im voraus ausgebucht.” Auch beim als so idyllisch beschriebenen “Wildcampen” ist Carina skeptisch. “Als Familie mit Kind ist es einfach praktisch, wenn man auf einen gewissen Komfort zurückgreifen kann. Außerdem ist in Deutschland das wilde Campen verboten, da muss man also aufpassen”, meint sie.
Buchtipp 2: Hallo Glück, dich gibt’s ja doch!
Mit Kind und Fahrrad durch ganz Europa
Abenteuerlich sind auch die Reisen von Jasmin Böhm, die gemeinsam mit ihrem Sohn auf dem Fahrrad mehrere Touren durch Europa gemacht hat. “Mein Leben war so von Arbeit und Stress bestimmt, ich musste einfach überlegen: Was ist mir wirklich wichtig”, erzählt sie. Zum Zeitpunkt der Planung ist ihr Reisebudget zudem sehr begrenzt. Trotzdem macht sie sich mit ihrem damals fast Zweijährigen im Fahrradanhänger auf den Weg. “Das Schöne an so einem Urlaub ist, dass die Reise direkt vor der Haustür beginnt. Man steigt aufs Rad und los geht es.” Ganz so einfach wie es klingt, ist es aber doch nicht wenn man Jasmin genau zuhört. Immerhin muss sie bei ihren Trips alles in allem 60 Kilo Gepäck bewegen – auch bergauf.
Zusammen mit ihrem Sohn ist sie jeweils mehrere Wochen unterwegs. Eines ihrer Ziele – Marokko – können sie nicht erreichen, weil Jasmin wegen eines Bänderrisses ausfällt. Ganz ungeplant bleiben Mutter und Sohn längere Zeit auf einem Campingplatz in Frankreich. “Irgendwann konnten wir zwar weiterfahren, aber mir war klar, wir würden es nicht bis Marokko schaffen. Am Ende konnte ich mir nur immer wieder sagen: Der Weg ist das Ziel. Ob wir nun wirklich ankommen oder nicht, ist gar nicht so wichtig.”
Mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Leben
Quality-Time wird bei den Reisen für Jasmin ganz groß geschrieben. “Mein Sohn kann sich vor den Reisen immer ein bis zwei Spielzeuge aussuchen, die wir mitnehmen. Meistens braucht er diese Dinge gar nicht.” Draußen sein, zusammen sein, in der Natur sein und Begegnungen mit netten Menschen – das seien die Erlebnisse, die den beiden in Erinnerung bleiben und die zählen.
Eine ihrer jüngsten Reisen führt Jasmin mit ihrem Sohn durch Deutschland, Österreich und Serbien bis ans Schwarze Meer. “Es war für mich der schönste Moment, als wir endlich das Meer gesehen haben”, erzählt sie. Viele Menschen seien ihr während der Radtour auf Instagram gefolgt, “viele bis dahin völlig fremde Menschen haben uns unterwegs ein Quartier angeboten, uns bekocht und richtig verwöhnt”, erzählt sie. Aber es gab auch Momente, wo sie richtig Angst hatte, zum Beispiel wenn auf einer Landstraße LKWs in hohem Tempo an dem Duo “vorbeigebrettert sind”. Oder auch wenn verwilderte Hunde plötzlich mehr Interesse an der kleinen Reisegruppe zeigten.
Wer mehr über Jasmins Abenteuer erfahren will, hat bald auch im Fernsehen Gelegenheit einen Eindruck von ihren Radreisen zu bekommen. Ein Team der ARD hat sie und ihren Sohn immer wieder begleitet und ihre Erlebnisse gefilmt. Im März 2024 sollen die Beiträge ausgestrahlt werden. Bis dahin kann man in ihrem Buch “Hallo Glück, dich gibt’s ja doch” ihre inspirierenden Erlebnisse nachlesen (erschienen bei Kailash).
Bilder: privat/PR/gettyimages