Eine umweltbewusste, und damit auch zukunftsweisende Ernährung besteht aus vorwiegend pflanzlichen Lebensmitteln aus regionalem Anbau – das werden die meisten von uns inzwischen wissen. Das Verbundprojekt “food4future – Nahrung der Zukunft” geht noch etwas weiter. Wir haben die Leiterin des Projektes Frau Professorin Schreiner gefragt, wie wir in Zukunft essen werden.
Unter dem Begriff “Nahrung der Zukunft” hat man sich vor einigen Jahrzehnten noch etwas ganz futuristisches vorgestellt – etwa wie Astronautennahrung. Aber der Klimawandel zeigt, dass die Nahrung der Zukunft vor allem planetenfreundlich sein muss. Genau daran wird am Leibniz-Institut für Gemüse und Zierpflanzenbau (IGZ) geforscht.
Luna: Frau Professorin Schreiner, was ist heute mit Nahrung der Zukunft gemeint?
Prof. Schreiner: Im Jahr 2050 werden auf der Erde mehr als 10 Milliarden Menschen leben. Wir in „food4future“ fragen uns: Wie können wir eine wachsende Weltbevölkerung ernähren? Knapper werdende Ressourcen und die Folgen des Klimawandels zwingen uns schon heute zum Umdenken. Daher forschen wir an alternativen, nährstoffreichen Nahrungsquellen wie Makroalgen, Salzpflanzen, Quallen und Insekten. Dabei ist es unser Anspruch, dass die Nahrung der Zukunft auch schmeckt. Hier dazu schon mal zwei Rezeptbeispiele aus unserer Homepage:
Queller-Pesto (PDF)
Meersalat im Teigmantel (PDF)
Diese Nahrungs-Organismen sollen nicht ausschließlich in ihrem ursprünglichen Zustand gegessen werden. Wir wollen die Lebensmittel der Zukunft auch designen. Die Menschen werden oft gar nicht schmecken, dass einzelne Zutaten des Lebensmittels von einer Alge oder von einem Insekt stammen.
Die Menschen werden sich zunehmend der kritischen Probleme bewusst, die unser Planet auch aufgrund der intensiven Landwirtschaft und Tierhaltung hat. Dies scheint jedoch nicht auszureichen, um eine Umstellung unserer Er-nährung herbeizuführen. Was könnte Ihrer Meinung nach ein Anreiz sein, ei-ne echte Food-Revolution durchzuführen?
Nach meiner Einschätzung hat die Food-Revolution schon begonnen. So boomen in vitro-Fleisch und Fleischersatzprodukte mit jährlichen Wachstumsraten von 40%. Die Einbeziehung von Proteinalternativen wie eiweißreiche Pflanzen (Hülsenfrüchte wie Erbse, Bohnen, Linsen), Insekten und Makroalgen – diese haben vergleichbare Proteingehalte wie tierisches Fleisch – könnten ebenfalls den Konsum von herkömmlichen Fleisch senken.
IMMER AUF
DEM NEUSTEN
STAND SEIN!
Aktuelle Trendanalysen zeigen eindeutig, dass der Food-Trend Nr. 1 die nachhaltige Ernährung ist. Nachhaltigkeit ist also bei den Verbraucher*innen angekommen. Denn Ernährung muss neu gedacht werden, sie muss nicht nur gesund für den Menschen, sondern auch gesund für die Umwelt sein, also die planetaren Grenzen wie beispielsweise die begrenzten natürlichen Ressourcen berücksichtigen. Das ist das Konzept der Planetary Health Diet. Denn im wahrsten Sinne des Wortes – der Kampf für eine lebenswerte Zukunft wird schon heute auf unseren Tellern entschieden. Viele Verbraucher*innen sind sich dessen jetzt schon durchaus bewusst, und ich bin überzeugt es werden stetig mehr werden.
Die jungen Generationen sind unsere Zukunft. Wie können sie auf einen nachhaltigen Weg des Lebensmittelkonsums gelenkt werden?
Nachhaltige Ernährung, also Gesundheit für Mensch und Planet, bedeutet nicht nur weniger Fleischkonsum und mehr Proteinalternativen, sondern darüber hinaus auch der bewusste Kauf von regionalen Lebensmitteln und saisonalem Obst und Gemüse, und das Vermeiden von Lebensmittelverschwendung. Dazu kann jeder – nicht nur die junge Generation – ihren oder seinen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Was aber absoluter für die junge Generation spricht, ist ihre Experimentierfreudigkeit. Sie probieren und akzeptieren nachhaltige, alternative Lebensmittel deutlich mehr als die 35+ Verbraucher*innen.
Welche Schritte müssen Ihrer Meinung nach noch unternommen werden, damit die Nahrung der Zukunft definitiv Bestandteil unserer Speisepläne wird?
Food-Innovationen werden nur dann Akzeptanz durch Verbraucher*innen und somit Eingang in unserer täglichen Ernährung finden, wenn sie schmecken. Es muss also Nachhaltigkeit mit Geschmack kombiniert werden – das ist der Schlüssel. Und da ist die Startup-Szene im Food-Bereich sehr aktiv, und auch die Gastro-Szene zeigt, wie Planetary Health Diet super schmecken kann. Und Nachhaltigkeits-Labels für Lebensmittel finden auch schon Eingang in die Supermärkte, damit Verbraucher*innen bereits beim Kauf sich ganz bewusst für nachhaltige Lebensmittel entscheiden können.
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