Pisa-Studie: Das steckt dahinter

Regelmäßig testet die Pisa-Studie die Leistungen von Schülerinnen und Schülern weltweit. Hier erfährst du, was es mit dieser Untersuchung auf sich hat.

Text: Kirsten Hemmerde

Was läuft gut an Deutschlands Schulen? Was können unsere Bildungseinrichtungen vielleicht von anderen Ländern lernen? Und wie stehen deutsche Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich dar? Antworten auf diese und weitere Fragen gibt die Pisa-Studie. Seit 2000 testet die Untersuchung alle drei Jahre die schulischen Leistungen von 15-Jährigen. Vor allem die letzte Studie, deren Ergebnisse im Dezember 2023 präsentiert wurden, machte Schlagzeilen. Denn sie zeigte deutlich: Deutschlands Schüler werden immer schlechter. Vor allem Lesen und Rechnen fällt vielen Mädchen und Jungen schwer.  

Wie wird bei der Pisa-Studie getestet?

Die Pisa-Studie arbeitet weltumspannend. Experten der internationalen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD führen die Untersuchung unter dem Namen „Programme for International Student Assessment“ durch. 2022 testeten sie 2022 Schülerinnen und Schüler aus 81 Ländern. Die etwa 690.000 Jugendlichen im Alter von 15 Jahren kamen unter anderem aus Albanien, Australien, El Salvador, Finnland und Jordanien oder auch aus Slowenien, Singapur und den Vereinigten Arabischen Emirate. So lief die Studie in Deutschland ab:

  • 257 Schulen beteiligten sich hierzulande an der Untersuchung.
  • Insgesamt wurden in Deutschland 6.116 Schülerinnen und Schüler befragt
  • Sie beantworteten zwei einstündige Tests mit verschiedenen Aufgaben zu Mathematik, Lesekompetenz, Naturwissenschaften und kreativem Denken
  • Zudem erhielten die Jugendlichen einen Fragebogen zu ihren persönlichen Interessen, ihrem Zuhause sowie ihrem Schul- und Lernumfeld.

Die Forschenden trugen die Ergebnisse aller teilnehmenden Länder zusammen. So entstand ein umfassender Vergleich der schulischen Leistungen und Kompetenzen.

Warum gibt es diese Untersuchung überhaupt?

Ebendieser Vergleich ist das Hauptziel der Pisa-Studie. Denn die Ergebnisse zeigen, welche Länder ihre Schüler besonders gut fördern und bei welchen Nationen es hapert. Vor allem analysiert die Studie,  

  • wie stark 15-Jährige Probleme lösen, kritisch denken und passend formulieren können, und
  • wie gut das jeweilige Bildungssystem seine Schülerinnen und Schüler darauf vorbereitet, Herausforderungen im Alltag zu bewältigen.

In erster Linie sollen die Ergebnisse zur Diskussion anregen. Denn der internationale Vergleich macht es möglich, von anderen Ländern zu lernen. So erfahren die teilnehmenden Nationen, wie effektiv ihr Bildungssystem ist und wie sie ihre Bildungspolitik verbessern können.

Welche Ergebnisse stellte Pisa bei deutschen Schülerinnen und Schüler fest?

Zu verbessern gibt es in Deutschland einiges. Seit mehreren Jahren werden die Pisa-Ergebnisse immer enttäuschender. Bei der letzten Pisa-Studie waren Jugendliche so schlecht wie niemals zuvor. Ob Mathematik, Lesekompetenz oder Naturwissenschaften – in allen drei Bereichen wurden 2022 die niedrigsten Werte ermittelt, die Pisa jemals im deutschen Bildungssystem festgestellt hat. Zwar befinden sich deutsche Schülerinnen und Schüler international noch im Mittelfeld. Doch zwischen den Ergebnissen 2022 und 2018 liegt nahezu ein ganzes Schuljahr. Heißt: Deutsche Jugendliche können und wissen messbar weniger als noch vor einigen Jahren. In Mathematik ist nahezu jeder dritte, in Naturwissenschaften und beim Lesen jeder vierte nicht in der Lage, einfache Aufgaben zu lösen. Damit zählen sie zu den leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern. Auf der anderen Seite sind neun Prozent der Schülerschaft besonders stark in Mathe. Damit liegt Deutschland weit hinter den führenden Nationen wie Singapur (41 Prozent), Chinesisch Taipei (32 Prozent), Macau (29 Prozent) und Hongkong (27 Prozent).

Spielt die Herkunft eine Rolle bei den Ergebnissen?

Leider ja. Das Elternhaus der Jugendlichen beeinflusst ihre schulischen Leistungen deutlich. Zum Beispiel liegen die Pisa-Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler mit einem wirtschaftlich, sozial und kulturell gut gestelltem Hintergrund im Bereich Mathematik um 111 Punkte höher als die Resultate benachteiligter Jugendlicher. Im internationalen Durchschnitt beträgt dieser Wert 93 Punkte – in Deutschland geht die Schere also weiter auseinander. Auch die Herkunft hat starke Auswirkungen auf die Pisa-Ergebnisse. Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund erzielten in Deutschland im Bereich Lesekompetenz 67, im Bereich Mathematik 59 Punkte weniger als Jugendliche mit deutschem Elternhaus.

Was muss sich in Deutschlands Schulen ändern?

Schon kurz nach der Veröffentlichung der Ergebnisse zeigten sich viele Experten in Deutschland entsetzt. Die Kultusministerkonferenz (KMK) nannte die Pisa-Resultate besorgniserregend. Ihre Präsidentin Katharina Günther-Wünsch fordert eine möglichst frühzeitige Stärkung der Basiskompetenzen: „Die KMK schärft derzeit ihre Empfehlungen für die Grundschulen und bereitet eine deutliche Stärkung des Deutsch- und Mathematikunterrichts vor. Wir brauchen insbesondere eine gezielte Sprachförderung, die in der Frühen Bildung ansetzt und die Lernenden länger begleitet.“ Aber reicht das? Vielleicht sollten wir schauen, was wir von Ländern lernen können, deren Schülerinnen und Schüler bei Pisa besonders gut abgeschnitten haben.

Das machen andere Länder besser

Kleinere Klasse, mehr Lehrer – das wird in Deutschland schon seit langem gefordert. Ein Blick in die Schulen anderer Länder zeigt, wie Kinder noch besser lernen können:

  • Team-Teaching: In Ländern wie Singapur zum Beispiel arbeiten Lehrer in kleinen Teams und unterstützen sich gegenseitig. Sie bereiten Unterricht gemeinsam vor und schauen, wie sie die Schulstunden verbessern können.
  • Unterstützung: Lehrer in Ländern wie Estland fördern leistungsschwache Schüler besonders stark. Es gibt wöchentliche Sprechstunden oder auch Unterstützung nach dem Unterricht und in den Ferien.
  • Ausstattung: Führende Nationen statten ihre Schulen besonders gut und modern aus. In Singapur erhalten die Schulen zusätzlich pro Jahr 10.000 Dollar, die sie für innovative Anschaffungen oder Projekte ausgeben können.
  • Individuelle Stundenpläne: Lehrer in Kanada arbeiten in einem individualisierten Schulsystem. Kinder erhalten persönliche Förderpläne und demnach je nach Leistungsstand unterschiedliche Aufgaben. So werden hochbegabte und schwächere Schülerinnen und Schüler in einer Klasse unterrichtet.

Deutlich wird: In den Ländern, die in der Schulleistungsstudie Pisa vorne liegen, übernehmen die Schulen einen Großteil der kindlichen Förderung. Sie unterstützen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich – unabhängig von deren Elternhaus oder den familiären finanziellen Ressourcen.

Hier gibt es die Ergebnisse der Pisa-Studie 2022, die Anfang Dezember 2023 veröffentlicht wurde, zum Nachlesen: oecd.org/berlin/themen/pisa-studie/

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