Einschulung: Das sollten Schulanfänger können

Erziehung

Bald steht für zahlreiche Kinder ein großes Abenteuer ihres Lebens bevor: der Schulstart. Eine Grundschullehrerin erklärt, wie man die Kinder schon jetzt gut auf die neuen Erfahrungen vorbereiten kann und was Schulanfänger vor der Einschulung können sollten.

Von Marion Brugger

“Hilf mir, es selbst zu tun. Tue es nicht für mich. Hab Geduld, meine Wege zu begreifen. Mute mir Fehler und Anstrengung zu, denn daraus kann ich lernen”, formulierte vor etwa hundert Jahren die Italienerin Maria Montessori die wesentlichen Kernziele ihrer Pädagogik. Sie war damit Vorreiterin für eine Erziehung, die sich den Bedürfnissen des Kindes zuwendet und das Kind in seiner Entwicklung als einzigartig und als schöpferischen Gestalter seiner eigenen Zukunft versteht.

Was sollen die Kinder lernen?

Im Wesentlichen sind das auch jene Ziele, die sich im Lehrplan wiederfinden. Unter den allgemeinen Bildungszielen definiert man die “Entfaltung und Förderung der Lernfreude”, die “Stärkung und Entwicklung des Vertrauens der Schüler in die eigene Leistungsfähigkeit”, den “Aufbau einer sozialen Handlungsfähigkeit” sowie die “Entwicklung einer entsprechenden Lern- und Arbeitshaltung”. Das sind riesige Entwicklungsschritte und ein Meer an neuen Herausforderungen für unsere Kleinen.

Der wichtigste Lehrer: die Eltern!

Oftmals befürchten Eltern, ihr Kind wieder ein Stück weit ziehen lassen zu müssen. Viel zu schnell werden die Sprösslinge erwachsen, stehen mit ihren Schultüten vor dem großen Schultor und grinsen breit in die Kamera. Aber hier kommt die gute Nachricht: Dein Kind braucht dich! Du bist für einen guten Schulstart mindestens ebenso wichtig, wie die Lehrer deines Kindes. Dabei ist es besonders bedeutsam, dass du mögliche negative Erfahrungen der eigenen Schulzeit und vermeintliche Lebensweisheiten, wie das Philosophieren über den “Ernst des Lebens” der ab nun beginnen soll, für dich behältst. Schließlich sollen die Schulanfänger nicht schon vor dem Schulstart verschreckt werden.

Selbstvertrauen vor der Einschulung üben

Sinnvoller ist es, das Kind in seinem Selbstvertrauen zu stärken und ihm bereits jetzt kleine Aufgaben zuzuteilen, die es verantwortungsbewusst übernehmen soll. Das können die Mitarbeit im Haushalt, das Versorgen einer Pflanze im Kinderzimmer oder kleine Suchaufgaben im Supermarkt (“Bring mir bitte 5 Karotten”) sein. Räume mit deinem Kind gemeinsam die Schultasche aus und ein und zeige ihm, wie es darin Ordnung halten kann. Es wird nach und nach selbstständig diese Aufgabe übernehmen müssen.

Kleine Aufgaben im Haushalt übernehmen, stärkt das Selbstvertrauen | Bild: Getty

So lernen Kinder Ordnung halten

Öffne das Federmäppchen und übe mehrmals den Unterschied zwischen Bleistift, Buntstift und Filzstift zu erkennen. Lass dein Kind dabei die verschiedenen Stifte hochhalten und wieder an den richtigen Platz im Federmäppchen einsortieren. Vergiss nicht, dass auch der Umgang mit dem Spitzer gelernt sein will. Die Ordnung und Organisation der eigenen Schulutensilien und des Arbeitsplatzes ist eine der wesentlichsten Kompetenzen, die sich dein Kind im Laufe des ersten Schuljahres mit deiner Hilfe aneignet. Diese unterscheidet es ganz klar von einem Kindergartenkind.

Lernziel zum Schulstart: Körperwahrnehmung

Eine weitere grundlegende Fähigkeit, die vom Schulanfänger erwartet wird, ist die Körperwahrnehmung. Dein Kind wurde vielleicht schon bei der Schuleinschreibung gebeten, ein Bild von sich selbst zu zeichnen. Bei diesem klassischen Test achtet die zukünftige Lehrerin/der zukünftige Lehrer oder die Direktorin/Direktor des Kindes nicht nur auf die Stiftführung. Sie prüfen auch, ob der zukünftige Schüler bereits Schultern, Arme, Hände, Finger, Beine und das Gesicht zeichnen kann. Auch das lässt sich vorab üben.

Mach es dabei auf die einzelnen Körperteile aufmerksam und lass diese von deinem Kind benennen. Spielerische Aufgaben schulen dabei gleichzeitig die Grob- und Feinmotorik. Du kannst dein Kind zum Beispiel bitten, ein Taschentuch mit den Zehen vom Boden aufzuheben, ein Stück Zeitungspapier mit der Fußsohle zu einem Ball zu rollen oder ohne Hilfe der Hände ein Kuscheltier von einer Box in die andere zu räumen.

Bewegung ist wichtig für Kinder

Baue Bewegungsübungen auch immer wieder in den Alltag ein. Lass dein Kind auf den Zehenspitzen, auf allen Vieren oder rückwärts gehen, schnell wie ein Gepard laufen und auf ein Signal hin plötzlich stehen bleiben. Spaß kann es auch machen, die Bewegungen von Mama oder Papa zu spiegeln oder Rhythmen nach zu klatschen. Dabei schult dein Kind ganz nebenbei seine Beobachtungsgabe und Konzentration, beides ganz bedeutsame Fähigkeiten, die beim Erlernen der ersten Buchstaben und Zahlen gefragt sein werden.

Bewegung ist wichtig für Kinder, denn sie fördert die Motorik | Bild: Getty

Aufmerksam bleiben

Apropos Konzentration: Höchstens 20 Minuten können sich Schulanfänger im Durchschnitt laut einer Kölner Studie konzentrieren. Gefordert wird hingegen vor allem in der Schule in diesem Alter bereits eine viel längere Aufmerksamkeitsspanne. Auch wenn Lehrerinnen und Lehrer die Schulstunden durch Entspannungsübungen und vielfältiges Programm aufzulockern versuchen, so ist doch ein vier- bis fünfstündiger Schulvormittag, den das Kind bald schon bewältigen muss, eine enorme Herausforderung. Es zahlt sich daher aus, wenn du schon jetzt versuchst, dein Kind auf diese Zeit vorzubereiten.

Konzentration fördern funktioniert schon mit einfachen Malübungen | Bild: Getty

Kleine Übungen für die Konzentration

Lass es den Weg durch ein Labyrinth nachzeichnen oder ein Muster fortführen. Achte dabei darauf, dass das Kind während der gesamten Arbeitszeit am Tisch sitzen bleibt und versuche Ablenkungen von ihm fernzuhalten. Lobe es, wenn es sich dabei besonders bemüht und es geschafft hat, sich eine gewisse Zeitspanne lang zu konzentrieren. Sei aber auch geduldig und nachsichtig, wenn es mit der Aufmerksamkeit einmal nicht so läuft, wie geplant. Meide dabei Sätze wie “Du musst in der Schule auch stillsitzen können” oder “Jetzt zappel doch nicht so herum”, um den Erwartungsdruck von den Schultern deines Sprösslings zu nehmen. Positive Verstärkung trägt um ein Vielfaches mehr Früchte, von denen jedes Kind später profitieren wird.

Wenn du mehr darüber wissen willst, wie Gespräche mit Kindern klappen, findest du hier einige Tipps dazu.

Das kann ich alles schon alleine!

Bevor dein Kind in die Schule kommt, sollte es sich allein an- und ausziehen können. Beschrifte möglichst alle Kleidungsstücke mit dem Vor- und Nachnamen. Denn oftmals erkennen die Kleinen im Gewusel der Turnsaalgarderobe ihre eigene Hose nicht wieder. Das Schleifenbinden wird im Laufe der ersten Klasse von vielen Pädagogen eingefordert. Allerdings reicht die Zeit im Schulalltag für das Erlernen oft nicht aus. Übe daher jetzt schon immer wieder diese Fertigkeit mit deinem Kind.

Ganz wichtig ist, dass ihr all der Aufregung und Begeisterung aber auch den Ängsten des Nachwuchses mit Verständnis begegnet. Lass dein Kind davon erzählen, wie es sich die Schule vorstellt. Und vor allem: freue dich gemeinsam mit deinem Kind auf diesen wunderbaren neuen Lebensabschnitt!

Zur Person: Marion Brugger arbeitet als Grundschullehrerin in Österreich.

Seid ihr noch auf der Suche nach einer Schultüte? Hier haben wir noch ein paar Tipps – auch Last Minute!

Bild: Gettyimages/ Aaron Burden