Naturkosmetik für Kinder: Ja oder Nein?

Das Angebot an Hautpflegeprodukten für Kinder ist enorm. Feine, duftende Texturen in hübschen Tiegeln und Tuben versprechen streichelzarte Haut. Doch tun Eltern damit der Kinderhaut wirklich etwas Gutes? Dazu haben wir einen Dermatologen und Allergologen befragt.

Herr Dr. Merkel: Hautpflege für Kinder – ist die überhaupt nötig?

Dr. med. Christian Merkel: Kinderhaut ist deutlich dünner als die Haut von Erwachsenen, das macht sie besonders sensibel. Kinderhaut produziert kaum Talg, weshalb tägliches Waschen oder Baden nicht notwendig ist. Ist die Kinderhaut gesund, bedarf es in der Regel keiner Extrapflege. Neigt die Haut wegen äußerer Einflüsse, wie extremer Heizungsluft im Winter, zu Trockenheit oder ist womöglich nicht intakt (z. B. bei Neurodermitis), kann das Verwenden einer Pflegecreme sinnvoll sein.

Welche Wirkstoffe verträgt die empfindliche Haut gut und welche eher nicht so gut?
Eines vorweg: Für Kinderhaut sollte keinesfalls die gleiche Creme verwendet werden wie für Erwachsene. Es ist ratsam, zu speziellen Kinderpflegeprodukten zu greifen, die pflegende, gut verträgliche Wirkstoffe wie Glycerin oder Nachtkerzenöl enthalten. Ebenso hat sich zur Beruhigung der Haut Panthenol bewährt. Vermieden werden sollten dagegen Wirkstoffe wie Urea, die zu Reizungen und Brennen der Haut führen können.

Sind Naturkosmetikprodukte konventioneller Pflege vorzuziehen?

Naturkosmetikprodukte enthalten oftmals viele ätherische Öle und Duftstoffe, die ein hohes Allergiepotenzial haben. Da die Hautbarriere von Kindern deutlich schwächer als die von Erwachsenen ist, besteht ein erhöhtes Risiko einer Kontaktsensibilisierung. Das sollten Eltern vermeiden, denn sehr häufig werden Allergien bereits im Kindesalter gebildet. Darum empfehle ich, anstelle von Naturkosmetik besser Pflegeprodukte aus der Apotheke zu verwenden, die speziell für Kinderhaut hergestellt worden sind.

Viele junge Mädchen möchten sich auch gerne mal spielerisch schminken. Worauf ist beim Kauf von Kinderschminke zu achten? 

Kinderschminke sollte idealerweise auf Wasserbasis bzw. wasserlöslich sein. Nur so lassen sich die Farben beim Abschminken wieder entfernen, ohne dass dafür aggressive Reinigungsprodukte (womöglich noch mit Alkohol) zum Einsatz kommen müssen.

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Was sollten Eltern tun, wenn es doch einmal allergische Reaktionen geben sollte?
Tritt eine allergische Reaktion auf, sollte die auslösende Substanz bestmöglich gemieden werden. Dies ist jedoch nicht immer einfach. Da ein Kontaktekzem nämlich erst nach 72 Stunden auftreten kann, lässt sich der Auslöser oftmals nur schwer ausfindig machen. Gerade bei Kindern sollte bei einer allergischen Reaktion daher immer zusätzlich der Besuch bei einem Allergologen erfolgen. Ist die Reaktion sehr stark, kann dieser auch ein Antihistaminikum bzw. eine leicht kortisonhaltige Creme verordnen.

Zum Schluss: Sonnenschutz und Kinderhaut – was sollten Eltern beachten?
Ich rate dazu, bei Kindern unter zwei Jahren ausschließlich mineralischen Sonnenschutz (z. B. mit Zink) anzuwenden. Ab dem dritten Lebensjahr können es dann auch „normale“ Sonnenschutzprodukte speziell für Kinder sein, die in der Apotheke erhältlich sind. Beim Kauf ist allerdings darauf zu achten, dass bestenfalls keine Duftstoffe enthalten sind.

Weniger Duft, geringeres Risiko: Darauf sollen Sie bei Kinderkosmetik achten

Wer ein Kind mit sensibler oder leicht allergisch reagierender Haut hat, wird das als Eltern bereits früh beobachtet haben. Den Unterschied zwischen leicht reizbarer Haut, einer Kontaktallergie und Neurodermitis kann jedoch nur ein Hautarzt oder eine Hautärztin zweifelsfrei klären. Bei einer positiven Diagnose gibt es einen individuellen Behandlungsplan. Sorge bereiten den Allergologen die Duftstoffe, die vielfach gerade in Kinderkosmetik enthalten sind. Sie sind meist Auslöser für die am häufigsten vorkommenden, kosmetikabedingten Kontaktallergien. Spezielle Vorschriften für die Rezeptur bei Kinderprodukten bestehen nicht. Dabei werden bereits Kleinkinder und Jugendliche durch Duftstoffe sensibilisiert. Grundsätzlich sind Rinse-off-Produkte wie Shampoos oder Spülungen weniger problematisch als Leave-in-Produkte, die lange auf der Haut bleiben oder sogar einziehen sollen. Auch Naturprodukte enthalten Reizstoffe. Im Allergieregister steht vor allem Propolis auf den obersten Plätzen der Liste als Verursacher von Kontaktallergien. Bei der Auswahl gilt also: Weniger Duft ist besser für Kinderhaut.

DR. MED. CHRISTIAN MERKEL,

Dermatologe, Allergologe und medizinischer Leiter des Haut- und Laserzentrums an der Oper in München.

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