Die Geschichte der kleinen Meerjungfrau kennen wir, die Songs können wir auswendig mitsingen und auch das Ende birgt kaum Überraschungen. Trotzdem hat die Neuverfilmung des Disney-Musicals “Arielle”, die gerade in den Kinos angelaufen ist, ihren Reiz. Das liegt an einigen kleinen Änderungen, die die Macher vorgenommen haben.
Die Geschichte von Arielle wie wir sie kennen
Die Story ist annähernd identisch mit dem Zeichentrickklassiker von 1989: Arielle lebt im Meer, interessiert sich aber brennend für alles, was an der Wasseroberfläche passiert, vor allem für die Menschen. Ihr Vater Triton (Javier Bardem) verbietet ihr jeglichen Kontakt mit dieser Spezies, die so fremd und auch gefährlich ist. Doch als eines Tages ein Schiff in Seenot gerät, rettet Arielle den Prinzen Erik vor dem Ertrinken.
Das Donnerwetter von Triton kann die kleine Meerjungfrau nicht davon abhalten, dass sie den Prinzen wiedersehen und die Welt der Menschen näher kennenlernen will. Die Meerhexe Ursula weiß Rat und zaubert Arielle Beine – im Tausch dafür muss die Meerjungfrau ihre bezaubernde Stimme abgeben. An Land hat sie genau drei Tage Zeit um das Herz von Prinz Erik zu gewinnen. Schafft sie das nicht, so gehört ihre Seele für immer der Meerhexe.
Das hat sich geändert bei der Neuverfilmung von “Arielle”
So süß der Zeichentrickfilm von 1989 auch ist, vieles der Handlung ist längst nicht mehr zeitgemäß. Als Eltern stößt einem unter anderem sauer auf, dass sich Arielle auf den ersten Blick in Prinz Erik verliebt. Ebenso kritikwürdig ist, dass sie gerade mal drei Tage Zeit hat sich – salopp gesagt – den Prinzen zu “krallen” um dem Fluch der Hexe zu entgehen. Alles das spricht gegen ein modernes, aufgeklärtes, selbstbewusstes Frauenbild.
Hier hat Disney reagiert und dem Märchen, mit einigen kleinen Änderungen des Drehbuchs, ein zartes Update verpasst. In der Neuverfilmung verliebt sich Arielle nicht mehr auf den ersten Blick in Erik. Vielmehr beobachtet sie ihn bei einer Auseinandersetzung mit seinen Eltern und stellt dabei fest, dass Erik ganz ähnliche Probleme zuhause hat wie sie selbst. Er fühlt sich im Schloss wie ein Gefangener, will Abenteuer erleben, fremde Welten kennen lernen, seine eigenen Erfahrungen machen. Er hat es satt, sich von seinen Eltern ständig bevormunden zu lassen. Hier findet Arielle einen Seelenverwandten, einen jungen Menschen, der sich vom Elternhaus emanzipieren will – genau wie sie.
Arielle: Von der zarten Prinzessin zur starken Frau
Die Besetzung der Hauptrolle mit Halle Bailey, die bei konservativen Arielle-Fans zunächst einen Aufschrei verursacht hat, unterstützt die Anpassung der alten Geschichte an die Neuzeit zusätzlich. Im Vordergrund steht jetzt eine junge schwarze Frau, der man die Stimme geraubt hat und die nicht in erster Linie die Liebe sucht, sondern die neugierig ist auf eine andere Welt, ein anderes Leben und dieses mutig auch gegen Widerstände ausprobiert.
Ebenfalls neu ist, dass die Hexe Ursula (übrigens super gespielt von Melissa McCarthy) Arielle die Erinnerung an den gemeinsam geschlossenen Pakt raubt. So muss Arielle nicht mehr innerhalb von drei Tagen einen Kuss von Erik “rauben”, sondern nähert sich ihm völlig unbefangen.
So gar nicht ins moderne Bild passen die Rüschen und Schleifchen, in die Arielle in Menschengestalt gesteckt wurde. Wer allerdings weiß wie wichtig Merchandise-Produkte für Disney sind und wie viel Umsatz damit jährlich gemacht wird, kann zumindest nachvollziehen warum die Kostümbildner in der Anmutung eines Prinzessinnenkleidchens bleiben mussten.
Darum lohnt sich die Neuverfilmung von Arielle
Wenn Disney eines schon immer konnte, dann ist es Entertainment. Die Neuverfilmung von “Arielle” bringt alles mit, was ein gutes Märchenmusical braucht und man kann den Film von Anfang bis Ende genießen, bei den Songs mitwippen (und natürlich mitsingen), ein paar Tränchen vergießen und sich mit all den vielen kleinen und großen Arielle-Fans auf das Happy-End freuen. Eltern werden mit dem strengen, aufbrausenden König Triton mitfühlen, der doch eigentlich nur eines will: sein Kind beschützen und es vor Leid und schlechten Erfahrungen bewahren. Die Realverfilmung und die moderne Tricktechnik machen den Film schneller, dynamischer und allein dadurch viel moderner als es der Zeichentrickfilm von 1989 je sein könnte. Die Fische sind bunter, die Kameraführung progressiver, die Erzählweise dramatischer. Die Songs haben eine Auffrischung bekommen und wenn Arielle durchs Meer flitzt, sieht das einfach nur traumhaft schön aus und begeistert.
Und weil es auch in Disney-Klassikern Überraschungen geben kann, sei nur so viel verraten: Arielle nimmt ihr Schicksal am Ende ganz emanzipiert selbst in die Hand.
Kinostart: 25. Mai 2023; Regie: Rob Marshall, mit Halle Bailey, Jonah Hauer-King, Melissa McCarthy, Javier Bardem
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