Sicherheit hat im Auto immer höchste Priorität. Sind Kinder an Bord, müssen Eltern sich viele Gedanken um deren Sicherung machen. Autositze gibt es en masse, sie unterscheiden sich nicht nur preislich sondern auch hinsichtlich der Installationsrichtung und ob ein Fangkörper oder ein Fünfpunkt-Gurt zum Einsatz kommt. Wie also den passenden Sitz finden?
Friederike Gudehus und Sarah Behrendt haben “Die Kindersitzprofis” ins Leben gerufen, um Eltern optimale Beratung in Autositzangelegenheiten zu bieten. Es handelt sich um einen Händlerverbund mit mittlerweile über 15 Standorten in Deutschland, Luxemburg und Österreich. Wir haben mit den beiden über die korrekte Sicherung des Kindes im Auto, die häufigsten Fehler bei der Installation des Sitzes und die Vorteile des rückwärtsgerichteten Fahrens gesprochen.
Wie lautet das Konzept der Kindersitzprofis?
Unser Motto lautet „Unterwegs mit dem Plus an Sicherheit“. Wir führen Kindersitze für alle Altersgruppen, also von 0 bis 12 Jahren. Im Kleinkindbereich haben wir uns aus Überzeugung auf Reboarder spezialisiert. Wer bei uns einen Kindersitz kauft, erhält dazu immer eine ausführliche Beratung, gerne auch telefonisch oder per Email, falls die Anfahrt etwas weiter ist, damit der Sitz optimal zu Kind und Auto passt. Die Vor-Ort-Beratung beinhaltet immer einen Probeeinbau der Sitze im eigenen Auto bzw. gerne auch in mehreren Autos. Auch das Kind kann und sollte in den jeweiligen Sitzen Probe sitzen. Nicht jeder Kindersitz passt bzw. darf in jedes Auto und nicht jedes Kind passt gut in jeden Sitz und fühlt sich darin wohl. Wir stehen in engem Kontakt zu den Kindersitzherstellern und auch zu Institutionen wie dem ADAC, um unseren Kunden fundierte und aktuelle Informationen rund um die Kindersicherheit im Auto weitergeben zu können. Bei uns muss sich der Kunde nicht alleine durch den Kindersitzdschungel kämpfen, sondern unsere Händler stehen ihm dabei gerne geduldig und kompetent zur Seite.
Sind teure Autositze besser als günstige?
Nicht unbedingt. Sicher gibt es einige Billig-Marken bzw. Kindersitze, von deren Sicherheit wir nicht überzeugt sind und die unserer Meinung nach nicht zugelassen werden sollten. In unserem Portfolio haben wir aber Kindersitze, die zwischen ungefähr 100 bis zu 650 Euro kosten. Es gibt also Produkte für „jeden“ Geldbeutel. Alle Sitze, die wir verkaufen, würden wir bedenkenlos für unsere eigenen Kinder nutzen. Am Wichtigsten ist es immer, dass der Kindersitz möglichst optimal zu Kind und Auto(s) passt.
Auf welchem Platz sollte das Kind reisen?
DEN sichersten Platz im Auto gibt es nicht. Die größte Knautschzone in alle Richtungen hat das Kind in der Mitte, allerdings ist es zum Einen manchmal nicht möglich, dort einen Kindersitz zu montieren, zum Anderen kann diese Position bei einem Seitencrash auch wieder von Nachteil sein. Dann ist es natürlich gefährlich, ein Kind an einer vielbefahrenen Straße austeigen zu lassen, weshalb oft der Platz hinter dem Beifahrersitz als sicherster benannt wird. Andererseits gibt es Studien die besagen, der Fahrer lenkt in Gefahrensituationen instinktiv so, dass er bestmöglich geschützt wird, und damit wäre der Sitzplatz hinter dem Fahrer der Sicherste. Letztendlich gibt es keine pauschale Aussage zu dieser Frage. Das Kind sollte in einem altersentsprechenden Sitz ordnungsgemäß gesichert sein, das ist entscheidender als alle anderen Faktoren. Spätestens ab dem zweiten Kind erübrigt sich diese Frage sowieso.
Was sind die häufigsten Fehler bei der Installation eines Sitzes im Auto?
Laut Untersuchungen sind 60-70 % aller Kinder in Deutschland im Auto nicht korrekt gesichert. Sitze, die mit Isofixhalterungen versehen sind, können den Einbau vereinfachen, jedoch kann auch bei Isofixsitzen einiges falsch gemacht werden. Leider gibt es auch immer wieder Eltern, die komplett vergessen, den Sitz zu befestigen.
Bei Babyschalen wird häufig die Gurtführung vertauscht, sodass der Schultergurt über das Becken und der Beckengurt um das Rückteil der Schale geführt wird. So ist die Babyschale quasi ungesichert und fliegt bei einem Unfall durch das Auto. Bei gegurteten Kleinkindsitzen wird der Fahrzeuggurt häufig auch nicht richtig geführt oder einfach nicht fest genug gezogen. Wir empfehlen, sich vor der Installation oder einem Umbau des Kindersitzes immer die Anleitung oder ein Einbauvideo des Herstellers anzuschauen. Unsere Empfehlung ist es auch, keinen Kindersitz ohne Beratung zu kaufen.
Wie sichern Eltern das Kind korrekt im Kindersitz?
Zunächst ist es wichtig, dass das Kind schon oder noch in den entsprechenden Sitz passt und dass dieser für seine Größe bzw. sein Körpergewicht zugelassen ist. Das Alter spielt bei der Zulassung keine Rolle, das wird häufig falsch verstanden.
Eltern sollten immer darauf achten, dass die sitzinternen Gurte bei Babys und Kleinkindern fest am Körper sitzen und das Kind niemals mit dicker Winterjacke oder gar im Schneeanzug anschnallen. Fleece- oder Wollwalkkleidung eignet sich besser. Oder eine Decke, mit der das Kind zugedeckt wird, bis das Auto warm genug ist. Beim Anschnallen können Eltern sich folgende Frage stellen: Würde ich den Kindersitz mitsamt Kind bedenkenlos kopfüber halten und daran rütteln – natürlich empfehlen wir NICHT, das auszuprobieren. Aber genau so fest müssen die Gurte sein, um im Fall der Fälle ihr Schutzpotenzial entfalten zu können.
Außerdem ist es wichtig, dass die internen Gurte und die etwaige feste Kopfstütze auf der korrekten Höhe eingestellt sind und dass Verkleinerungskissen richtig genutzt und später herausgenommen werden. Ältere Kinder haben an ihren Sitzerhöhungen oft Hörnchen, um den Beckengurt nicht im Bauchraum entlang zu führen. Leider sehen wir sehr häufig, dass nicht darauf geachtet wird, ob der Gurt wirklich unter den Hörnchen verläuft. So kann es zu schweren Verletzungen im Bauchraum kommen. Ähnliches gilt für den Schultergurt: Alle Sitzerhöhungen mit Rückenlehne und Seitenschutz haben über der Schulter des Kindes eine Gurtführung, durch die der Schultergurt geführt werden muss. Andernfalls kann der Gurt bei einem Unfall in den Hals des Kindes einschneiden oder aber er verläuft viel zu weit weg vom Oberkörper, um diesen vernünftig zurückzuhalten.
Auf jeden Fall sollten Eltern ihren Kindern immer erklären, wie wichtig das korrekte Anschnallen im Auto ist und sie sollten ihnen auch mit gutem Beispiel vorangehen.
Was sind die Vorteile von Reboardern?
Sämtliche Unfallstatistiken zeigen, dass rückwärtsgerichtetes Fahren für Kleinkinder und Babys deutlich sicherer ist. Die kleinsten Passagiere haben einen im Vergleich zum Rest des Körpers überproportional großen Kopf und dafür eine sehr schwach ausgeprägte Nackenmuskulatur. Schon bei einer Vollbremsung könnten sie deshalb in einem vorwärtsgerichteten Sitz schwerste oder gar tödliche Verletzungen der Halswirbelsäule erleiden. In entgegen der Fahrtrichtung installierten Babyschalen wird das Kind bei einer scharfen Bremsung oder einem Frontalcrash – der mit Abstand häufigsten Unfallart mit schwerem Verlauf – in die Schale des Kindersitzes hineingepresst und die Belastungen auf den gesamten Oberkörper verteilt.
Mit einem Jahr, dem Alter, in dem leider viele Kinder immer noch auf einen vorwärtsgerichteten Sitz wechseln, ist das Kopf-Körper-Verhältnis längst noch nicht ausgeglichen. Wir empfehlen deshalb das Fahren in einem Reboarder bis ungefähr zum vierten Lebensjahr. Gegenüber vorwärtsgerichteten Sitzens senkt dieser das Risiko schwerster Verletzungen um rund 90 Prozent.
Ab welchem Alter bzw. ab welcher Größe reicht eine einfache Sitzerhöhung?
Sitzerhöhungen sind allgemein überhaupt nicht empfehlenswert, da sie keinerlei Seitenschutz bieten und einige Modelle sogar bei einem Unfall unter dem Kind wegrutschen können. Ab einem Alter von ca. 4 Jahren und einem Gewicht von mindestens 15 kg empfehlen wir die Nutzung einer Sitzerhöhung mit Rückenlehne und Seitenschutz. Einfache Sitzkissen nur dann, wenn das Kind vor dem 12. Geburtstag schon aus diesen Sitzen herausgewachsen ist, aber noch nicht die gesetzlich vorgeschriebenen 1,50 m Größe hat, um ohne Kindersitz zu fahren. Bei den Sitzerhöhungen, den Sitzen der Gruppe 2/3 geht es grundsätzlich darum, den Verlauf des Fahrzeuggurtes am Kind zu verbessern. Ohne Rückenlehne und Seitenschutz verläuft allerhöchstens der Gurt am Becken besser, der Schultergurt aber schneidet am Hals ein und das Kind kippt beim Schlafen aus dem Sicherheitsbereich. Außerdem besteht bei einem Seitencrash kein Schutz im Kopfbereich und selbst wenn das Auto Seitenairbags hat, sind diese nicht auf Kinder ausgelegt.
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