Kinderbücher über schwierige Themen

Mobbing, Inklusion und Co.: Kinderbücher über schwierige Themen

Bücher

Die Welt ist nicht immer nur bunt und schön. Kinder haben ein feines Gespür dafür, wenn etwas nicht stimmt. Sie sehen Probleme auch wenn sie sie vielleicht (noch) nicht benennen können. Unsere Auswahl an Kinderbüchern, führt junge Leser behutsam an schwierige Themen heran.

Wie ist es, wenn man anders ist?

Toleranz ist der Kitt, der eine Gesellschaft zusammenhält. In dem Buch von Louise Spilsbury und Hanane Kai geht es um kleine und große Ungerechtigkeiten, die ständig im Alltag passieren können. Die Autoren erklären sachlich was Rassismus ist, was Intoleranz bedeutet, woher Vorurteile kommen und wie sie entstehen. Sie zeigen auch, warum Menschen aufgrund ihrer Religion oder Hautfarbe aus ihrer Heimat fliehen müssen, um woanders in Frieden und Sicherheit leben zu können.

In einem extra Kapitel fordern Spilsbury und Kai die jungen Leser auf, mit ihren Sorgen und ihren Gedanken nicht allein zu bleiben. “Wenn du besorgt oder traurig bist, sprich mit deinen Eltern oder einem Erwachsenen, dem du vertraust. Wenn du selbst wegen deiner Hautfarbe, deiner Kultur oder deinem Glauben gehänselt wirst, erzähle einem Erwachsenen davon. Es ist wichtig, dass man darüber spricht, damit man gemeinsam Lösungen finden kann.”

Diese Aufforderung sich zu offenbaren, ist für Pädagogen an Kindergarten und Schule eine gute Möglichkeit, mit Kindern über dieses Buch ins Gespräch zu kommen. Für Eltern ist es eine Chance den Nachwuchs behutsam an diese schwierigen Themen heranzuführen. Empfohlen für Kinder im Alter von 5-7 Jahren.
Louise Spilsbury, Hanane Kai: Wie ist es, wenn man anders ist? Alles über kleine und große Ungerechtigkeiten, Gabriel Verlag für 10 Euro.

Knietzsche und der Tod

Den kleinen Philosophen Knietzsche kennen viele Kinder (und Erwachsene) bereits aus dem Kindersender KIKA, wo er regelmäßig spannende und interessante Themen erklärt. Jetzt lässt Autorin und Erfinderin Anja von Kampen ihren kleinen Helden “die normalste Sache der Welt” entdecken: den Tod.

Es ist zunächst ein Nachschlagewerk, das aber in Kapiteln in denen es um Trauer oder Suizid geht, auch Trost geben kann und vielleicht stellenweise sogar ein wenig Lebenshilfe. Junge Leser erfahren alles über das Leben nach dem Tod, über verschiedene Bestattungsmethoden und darüber was ein Bestatter eigentlich so macht. Es wird erklärt was eine Erd- oder eine Feuerbestattung ist, wie man in anderen Ländern der Toten gedenkt und warum es in manchen Staaten noch die Todesstrafe gibt.

Organspende, Patientenverfügung, Testament – von Kampen liefert mit Knietzsche umfassende Informationen über das unausweichliche Thema, das durch die Art wie es besprochen wird viel von seinem Schrecken verliert. Ein Sachbuch, das man unumschränkt empfehlen kann und das in keiner Schulbibliothek fehlen sollte. Für Kinder von 6-8 Jahren.
Anja von Kampen: Knietzsche und der Tod. Alles über die normalste Sache der Welt. Vision X für 19,95 Euro.

Bild: Getty Images

Ich bin Vincent und ich habe keine AngstBücher über schwierige Themen

Vincent weiß alles über das Überleben in der Wildnis. Leider nützt ihm das wenig im Schulalltag und vor allem nicht, um sich gegen den fiesen Dilan und seine Bande durchzusetzen.

Ja, Vincent wird gemobbt. Er hat wenig Chancen, sich gegen seine Widersacher durchzusetzen – wie auch. Seine Eltern merken nichts davon und auch die Lehrer nicht. Nur seine Babysitterin Charlotte weiß Bescheid über das Mobbing durch seine Mitschüler, doch dieser hat er verboten etwas zu verraten. Erst als Jacqueline, genannt “die Jacke” neu in die Klasse kommt, hat Vincent eine Verbündete. Endlich!

Doch davor steht noch die Klassenfahrt. Dilan hat angedroht, Vincent fertig zu machen. Also haut Vincent ab, in die Nacht, in die Wildnis, die weit weniger gefährlich ist als ein schlimmer Mitschüler. Doch “die Jacke” folgt ihm, hilft ihm und sorgt schließlich dafür, dass Vincent sie ins Vertrauen zieht. Sie lehrt ihm die wichtigste Regel: “Jeder in unserer Klasse hat Angst, selbst gemobbt zu werden, weil sie an dir sehen, was dann passieren kann. Darum benehmen sie sich so normal wie möglich. Sie trauen sich nichts anderes.”

Und sie bringt ihn auch dazu, endlich die Erwachsenen einzuweihen und ihnen alles zu sagen – und somit den Mobbing-Kreislauf zu unterbrechen.

Enne Koens beschreibt sehr genau und einfühlsam, was in einem Mobbingopfer vorgeht, wie sehr das Selbstbewusstsein und das Selbstvertrauen durch die Übergriffe der Mitschüler leiden. Und wie wichtig es ist, sich Hilfe von einem Vertrauten und von den Erwachsenen zu holen. Wer Vincents (unpathetische) Leidensgeschichte gelesen hat, versteht sehr gut wie sich jemand fühlt, der gemobbt wird. Es kann durchaus eine Handlungsanleitung für Schüler sein, die sich in einer ähnlichen Situation befinden oder auch für jene, die vielleicht mitbekommen, dass einer ihrer Mitschüler gequält wird. Denn die Kernaussage wird völlig klar: Hol dir Hilfe!

Zudem ist der Roman kunstvoll gestaltet mit Illustrationen und Zitaten aus dem Buch “Der Große National Geographic Survival Guide” von John “Lofty” Wiseman.  Für Kinder von 9-11 Jahren.
Enne Koens: Ich bin Vincent und ich habe keine Angst, Gerstenberg Verlag für 15 Euro.

Bücher über schwierige ThemenAnnies Welt

Antoinette Elizabeth Bianchi lebt als Jüngste mit ihren acht Geschwistern in einer ziemlich chaotischen Familie. Annie, wie sie von allen genannt wird, kann besonders gut mit Zahlen umgehen, weshalb sie in der Schule auch in einer besonderen Klasse für begabte Kinder ist.

Doch mit den Buchstaben hat Annie Schwierigkeiten. Sie fangen an herum zu tanzen, sobald sie sie lesen soll. Und auch zuhause ist es nicht einfach. Die Familie hat wenig Geld, der Vater braucht drei Jobs um alle durchzubringen, die älteren Schwestern ärgern Annie viel zu oft und ihre Mutter… – das ist eine ganz eigene Geschichte, über die Annie eigentlich gar nicht reden will.

In der Schule hat Annie einige Freunde, sie ist beliebt weil sie Humor hat und gut zuhören kann. Doch natürlich stellt sie fest, dass sie und ihre Familie anders sind, arm sind.

Eines Tages eskalieren die Dinge so, dass Annies Schwester Nora ausreißt. Annie macht sich zusammen mit ihrem Freund Jordan auf die Suche nach ihrer Schwester. Doch sie ist an keinem ihrer gemeinsamen Lieblingsplätzen. Schließlich bringt die Polizei das Mädchen nach einigen Tagen zurück – und damit verändert sich Annies Leben von Grund auf.

Josephina Angelinis hat mit Annie eine echte Lieblingsfigur geschaffen, die einer Madita oder einer Pippi in nichts nachsteht. Schon beim Lesen möchte man Annie beschützen, ihr helfen weil man sich ihr so nah fühlt. Geschickt wird das Schlimme, die häusliche Gewalt, die Vernachlässigung der Kinder durch die Eltern, die prekäre Situation der ganzen Familie, die psychische Störung der Mutter langsam offenbart. Doch Annie lässt sich nicht unterkriegen und zeigt sich als kluge kleine Heldin.

Ein mitreißendes Buch, das immer wieder deutlich macht, dass auch Kinder die in solchen Verhältnissen aufwachsen ihre Familie lieben und sich mit vielem arrangieren, weil sie es nicht anders kennen. Für Kinder ab 10 Jahren.
Josephine Angelini: Annies Welt, Dressler Verlag für 17,00 Euro.

Alle behindert!

Ein Buch, auf das wir schon viel zu lange gewartet haben! Im ersten Moment stutzt man zwar, wenn man beim Blättern Schüchternheit oder eine Tussi sein als Behinderung aufgetischt bekommt. Doch gerade dieser Humor macht “Alle behindert!” so besonders.

Hinter dem Projekt stecken Monika Osberghaus und Horst Klein. Osberghaus hat sich bereits mit den “Wilden Zwergen” und den “Wilden Schulzwergen” in die Herzen vieler Kinder und Eltern geschrieben. Zusammen mit dem Illustrator Horst Klein hat sie das Buchprojekt zur Inklusion entwickelt. Dabei bekamen die beiden Unterstützung von vielen besonderen Kindern und deren Eltern.

Junge Leser ab 5 Jahren erfahren alles Wichtige über verschiedene ernste Beeinträchtigungen wie Down-Syndrom, Querschnittslähmung, Epilepsie, Kleinwuchs oder Muskelschwäche. Dazwischen finden sich aber auch Beeinträchtigungen wie ein Angeber sein, ein Essensnörgler, ein Mitläufer oder Überbehütung durch die Eltern.

Für Kinder ist besonders das Geheimwissen das über Kopf bei jeder Behinderung steht, spannend – und wir zum Teil auch für Lacher sorgen. Ein Buch das viele Einschränkungen genau erklärt ohne (bei allem Humor), zu wenig ernsthaft zu sein. Allerdings gibt es den Kinder die Möglichkeit mit einer Leichtigkeit an das Thema heranzugehen, die den Umgang einfacher macht. Sie bekommen kleine Handlungsanleitungen präsentiert unter den Stichpunkten “Wie gehe ich auf xy zu”, “Was lasse ich lieber” und “Kann ich mit xy spielen”.

Auf jeder Seite vermitteln Osberghaus und Klein, dass Anderssein etwas völlig Normales ist. Ein Beitrag zur Inklusion der bestimmt mehr bewirken kann, als jeder Moralappell oder wissenschaftliche Vortrag. Unbedingt empfehlenswert!
Für Kinder ab 5 Jahren.

Horst Klein, Monika Osberghaus: Alle behindert!, Klett Verlag, 14,00 Euro. 

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Bild: Gettyimages