Wie entstehen Kinderbücher? Wir haben die erfolgreiche Autorin Ute Krause besucht und mit ihr über bunte Fantasiewelten und Inspiration gesprochen.
Ute Krause hat uns zu sich nach Hause eingeladen, damit wir einen Eindruck davon bekommen, wo ihre Geschichten wie “Die Muskeltiere” oder “Minus Drei” entstehen. Die Autorin lebt im Süden Berlins in einem idyllischen Häuschen mit Garten. Die Begrüßung an der Tür übernimmt ein ungestümer, rothaariger Jagdhund, dessen samtige Ohren lustig wackeln, als er sich ein paar Streicheleinheiten abholt. „Er heißt Theo und ist seit ein paar Monaten unser neues Familienmitglied“, erklärt uns die Hausherrin. „Leider ist er noch etwas ungezogen“, schiebt sie nach. Und schon kommt Katze Noura um die Ecke, um zum einen klarzustellen, dass auch sie hier Hausrecht hat, und um uns Neuankömmlinge genauer in Augenschein zu nehmen – kritisch und zurückhaltend, wie Katzen eben so sind.
“Ich habe mir schon ganz früh alle meine Ideen notiert.”
Ute Krause veröffentlicht seit vielen Jahren Kinderbücher, das erste, noch während ihres Studiums in Gestaltung an der Universität der Künste in Berlin, beim Verlag Middelhauve. Damals war sie gerade 24 Jahre alt und kurz davor, als Stipendiatin an eine renommierte Kunsthochschule in New York zu wechseln.
„Wir hatten in den USA großartige Lehrer, die aus Harvard und Princeton kamen und uns unterrichteten“, erzählt sie. „Es war eine tolle Zeit und ich merkte aber, dass ich eigentlich gerne bewegte Bilder machen möchte.“ Also bewirbt sie sich anschließend an der Filmhochschule in Berlin, wird jedoch abgelehnt. „Ich wollte es unbedingt schaffen, habe ein Jahr bei Filmproduktionen gearbeitet und mich dann wieder beworben, diesmal in München und in Berlin.“ Schließlich bekommt sie für beide Hochschulen die Zulassung, entscheidet sich aber für München, weil sie gerne einmal in einer Stadt leben will, die nicht eingemauert ist. Wenige Wochen nach Beginn des Studiums fällt die Berliner Mauer. „Und ich dachte mir: Bin ich doch in die falsche Stadt gegangen“, erzählt sie lachend.
Nach dem Abschluss an der Münchner Filmhochschule arbeitet Ute Krause fürs Fernsehen, macht Kurzfilme, schreibt Drehbücher und Treatments für Werbefilme. Doch auch die Geschichten für Kinder lassen sie nicht los. Eine Quelle der Inspiration ist ihr Sohn Nikolai. „Als er klein war, wollte er abends nicht einschlafen und ich habe für ihn Geschichten im Dunkeln erfunden. Er durfte sich irgendein Thema aussuchen, zum Beispiel eine Geschichte über einen Drachen, der Menschen frisst, und ich habe angefangen, frei zu erzählen.“ Viele der Ideen hat sie sich notiert und später ausgearbeitet zu Kinderbüchern.
“Die Muskeltiere” kommen bald ins Fernsehen
„Nur bei ‚Die Muskeltiere‘ ist es etwas anders gelaufen, weil Nikolai und der Sohn meines Exmannes immer ‚Muskeltiere‘ sagten, als sie klein waren. Ein typischer Versprecher von Kindern. Das fand ich so süß, dass ich mir fest vorgenommen hatte, ich schreibe ein Buch, das ‚Die Muskeltiere‘ heißt.“ Inzwischen gibt es von der niedlichen Bande, die aus zwei Mäusen, einer Rattendame und einem Hamster besteht, bereits den dritten Band. Außerdem sollen die spannenden Abenteuer bald fürs Fernsehen verfilmt werden. Eine Buchbesprechung findet ihr hier.
Und auch der lustige Dinosaurier Minus Drei wird in einiger Zeit im Fernsehen zu sehen sein. Die Idee hierzu hat Ute Krause, wie sie sagt, lange mit sich rumgeschleppt. „Mein Sohn wünschte sich unbedingt ein Haustier, mein Exmann war aber dagegen. Also überlegte ich, eine Geschichte zu schreiben, in der sich ein Kind ein Haustier wünscht und seine Eltern überzeugt, indem es seine Dienste bei den Nachbarn anbietet und deren Haustiere wäscht und pflegt und mit ihnen spazieren geht und so weiter. Dann fand ich das Ganze aber zu langweilig und glatt.“ Irgendwann kam der Autorin der Einfall, die Geschichte in eine ganz andere Welt und eine andere Zeit zu verlegen. Das war die „Geburtsstunde“ von Minus Drei, der als „Haustier“ schließlich ein kleines Urzeitmädchen bekommt.
“Ein gutes Kinderbuch ist aufgebaut wie ein Drehbuch.”
Wie findet man als Autor immer neue Stoffe? „Einer meiner Lieblingsorte dafür ist die Bahn. Ich bin viel unterwegs, gerade wenn ich auf Lesereise bin. Ich sitze dann sehr gerne im Speisewagen, habe mein Notizbüchlein und fange an rumzuspinnen und an der Handlung von Stoffen zu arbeiten.“ Am liebsten schreibt Ute Krause morgens, „wenn ich noch ganz mit meinem Unterbewusstsein verbunden bin“. Sobald ihr Sohn das Haus Richtung Schule verlassen hat, setzt sie sich aufs Sofa oder im Sommer in einen Liegestuhl in den Garten und beginnt ihre Geschichten zu entwickeln. Drei bis vier Stunden konzentriert sie sich voll und ganz aufs Schreiben. „Dann merke ich aber auch, jetzt ist es genug für heute, und mache etwas ganz anderes, gehe einkaufen oder mit dem Hund spazieren. Das Unterbewusstsein arbeitet in der Zeit aber weiter an der Handlung. Darauf vertraue ich ganz fest“, meint Ute Krause lächelnd.
Das Besondere ist, dass die Autorin auch alle Bücher selbst illustriert. Das gibt ihr die Freiheit, die Figuren exakt so aussehen zu lassen, wie sie in ihrer Fantasie auftauchen. Bevor sie anfing, ihre Geschichten aufzuschreiben, hat sie hauptsächlich illustriert. Insgesamt über vierhundert Bücher.
Jetzt entstehen pro Jahr etwa drei neue Kinderbücher, sagt sie. Und ist im Moment auch etwas ganz Neues in Planung? „Ja ich arbeite gerade an einer großen Geschichte, die ähnlich wie ‚Die Muskeltiere‘ als Vorlesebuch gedacht ist – oder natürlich zum Selberlesen. Es soll eine spannende Abenteuergeschichte sein, die im Herbst 2018 erscheint.“
Ute Krause hat als Kind in vielen Ländern gelebt, unter anderem in Nigeria, Indien und in den USA, da ihre Eltern in der Entwicklungshilfe tätig waren. Sie arbeitete erfolgreich als Regisseurin, Illustratorin und Drehbuchautorin. Für ihre Kinderbücher wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Aktuell erschienen sind die Reihen “Die Muskeltiere”, “Minus Drei” (bei cbj) und der Jugendroman “Im Labyrinth der Lügen”, der gerade als Taschenbuch erschienen ist und die deutsch-deutsche Geschichte zum Thema hat.
Bilder: Andrej Dallman/Luna